Ich erinnere mich an die Landewyk und Africaine geschwängerte Luft in unserer Küche in der Werdingstaße, die Caspary-Bier Flaschen auf dem Tisch und der "Stroh-Rum" (wo immer der auch her kam?) und drumherum die Männer aus der Reihenhaus-Siedlung in "Neu-Heiligkreuz" -St.Maternus. Die Siedlungsreihenhäuser waren ein Projekt des Trierer VdK (Verband der Kriegsversehrten, Kriegerwitwen usw.) und so saßen da also die Männer, die im 2ten Weltkrieg gekämpft hatten. Alle hatten eine oder mehrere körperliche Schäden davon getragen. Dem einen fehlte ein Arm, dem nächsten ein Bein, einer hatte einen Kopfschuss mit sichtbarer Narbe. Mein Vater war noch relativ gut davon gekommen, er hatte eine große Narbe am rechten Unterarm mit einer Sehnenverletzung, die zu einem verkrümmten kleinen Finger der rechten Hand geführt hatte.
Da saßen sie also und erzählten ihre Erlebnisse und ich durfte dabeisitzen und zuhören, vielleicht auch mal etwas fragen und meinen ersten Schluck Rum probieren. In meiner Erinnerung überlagern sich die verschiedenen Schichten der Berichte, die aus den "Bier-Rum" Abenden mit den - seltenen - Einzelerzählungen meines Vaters, den Berichten meiner Mutter und den Gesprächen im saarländischen Familienkreis bei Besuchen und Feiern.
Neben diesen eindrücklichen Ereignissen der "oral history" gibt es dann noch die Kiste mit den Fotos und Fotoalben meines Vaters aus dem Krieg - erstaunlich viele Fotos im Verhältnis zu den privaten Fotos der Vor- und ersten Nachkriegszeit. Und dann existieren noch die offiziellen Dokumente (die sich auch in der Kiste befanden) zur aktiven Soldatenzeit meines Vaters und zu guter Letzt die "Copilot, Gemini, Wikipedia" - Einträge zu den Wehrmachtseinheiten, denen mein Vater angehörte - der 72ten Infanteriedivison und dem Infanterieregiment 105.
Aus all diesen Quellen ergibt sich folgendes Bilkd:
Mein Vater wurde im Mai 1939 als Wehrpflichtiger "eingezogen" und im Rahmen des IR105 in den Kasernen in Trier, Saarburg und Wittlich zum Soldaten ausgebildet. Ob er vorher, wie in den Jahren zwischen 1935 (Einführung der Wehrpflicht) und 1939 (Kriegsbeginn) üblich Zeit im "Reichsarbeitsdienst" (Dauer vor Kriegsbeginn war 6 Monate) verbrachte konnte ich nicht mehr herausfinden, es gibt nur ein Dokument von 1937 - "Beteiligungsurkunde" am 4ten Reichsberufswettkampf -
Erläuterungen zum "Reichsberufswettkampf herausfinden
Das erste Dokument das meinen Vater mit der Wehrmacht "verbindet" ist die Anmeldebescheinigung zur Musterung und datiert vom 16.05.1939. Wann er gemustert wurde und wann er genau "einrücken" musste habe ich noch nicht heraus gefunden, die neuen Rekruten wurden nach allen Quellen im Ersatz-Batallion des IR 105 ausgebildet und die Dauer dieser Grundausbildung war zwischen 12 und 16 Wochen.